Hundert Bürstenstriche und ein paar Borstenstiche

CULUMNATURA Bürste im Vordergrund, Holzbox und Bürstenpflege im Hintergrund

„Da wünschte sich Schneewittchen von Herzen einen goldenen Kamm und dachte nichts Arges. Sie öffnete die Türe, ließ die Krämerin herein und kaufte den Kamm. ‚Nun will ich dir auch zeigen, mein allerschönstes Kind, wie der Kamm durch die Haare gezogen wird‘, sprach die falsche Krämerin und strich dem Schneewitchen durchs Haar. Da wirkte gleich das Gift, dass das arme Kind umfiel und tot war.“

Dumm gelaufen. Das arme Schneewittchen war aber echt im Nachteil: Woher hätte es denn wissen sollen, dass sich hinter der unverdächtig wirkenden Produkt-Promotorin eine skrupellose Attentäterin verbirgt? Bloß weil es dieselbe üble Markenvertreterin war wie neulich, als sie es per Strangulation mit dem Schnürriemen versucht hatte? In Zeiten lange vor Internet und permanenter Verfügbarkeit jeder nur erdenklichen Information war es nicht so einfach, die Maskeraden der Rosstäuscher zu durchschauen.

Mit 100 % Wahrheit

Dagegen heute! Da ohnedies alles bekannt ist, versuchen selbst die größten und mächtigsten Firmen erst gar nicht, uns Märchen zu erzählen. Nur die lautere Wahrheit kommt über ihre (mineralöl-)glänzenden Lippen. Vielleicht da und dort etwas geschönt, aber bitte: Sich ins beste Licht zu rücken, ist ja wohl legitim. Der Trick mit Gold als Kammmaterial und Lockmittel hat anno dazumal bestens funktioniert und Erfolgsstrategien legt man nicht einfach so beiseite.

Heute weiß man natürlich, dass Metall als Material für Kämme keinesfalls optimal ist, auch Plastik hat sich nicht bewährt, speziell wenn es billigst gemacht und nicht frei von Graten ist, die das Haar aufreißen können. Perfekt ist ein gut gearbeiteter, sorgfältig polierter Hornkamm, der wie nichts durch das Haar gleitet, selbst wenn keinerlei Silikon es „wieder gesünder aussehen lässt“, wie es aufschlussreich auf einer Chemiekosmetik- Anbieterseite heißt.

Natürliches Holz in pflegender Paddelform

Paddelform Holz wäre auch akzeptabel, eignet sich aber vor allem als Griffmaterial für Teil zwei der frisiertechnischen Dreieinigkeit – Kamm, Schere, Bürste. Insbesondere, wenn es nicht einfach Holz, sondern „natürliches“ Holz ist. Dieser sagenumwobene Wunderwerkstoff dient bei einer Bürste in „pflegender Paddelform“ eines weiteren Anbieters als Halterung für die Borsten mit „massierenden Noppen“. Die hatte „Anna“ zwar bald im Haar, weil „sich nach kurzer Zeit der Kleber gelöst hat und somit der Gummi mit den Borsten bei jedem Bürsten rausgegangen ist“, aber hey! „Die Bürste ist super klasse“, findet „Anna“ und vergibt fünf Sterne. Wer braucht schon Borsten, wenn er eine Bürste hat.

CULUMNATURA ist hier ein bisschen altmodisch und legt deshalb größten Wert darauf, dass die Borsten in der Bürste bleiben. Und zwar nicht irgendwelche Borsten, sondern ausschließlich echte Wildschweinborsten, in der Länge abgestuft mit unterschiedlicher Steifigkeit. Das lädt das Haar bei den von alters her empfohlenen 100 Bürstenstrichen täglich nicht elektrostatisch auf wie Plastik, sondern reinigt und pflegt den Haaransatz, massiert die Kopfhaut und regt ihre Durchblutung an. Das ist entscheidend, weil die Haarwurzeln ausschließlich über das Blut mit Nährstoffen versorgt werden.

Hochwertige NATURborsten vom Wildschwein

Im Umlauf sind auch Metallbürsten. Na ja. Das ist ungefähr so, als würde man einen Igel als Badeschwamm missbrauchen. Zum Einsatz kommen sie auch nicht fürs pflegliche Bürsten, sondern gerne im Salon fürs Formföhnen und Toupieren. Aus einem einzigen Grund: Weil Metall Wärme super leitet, geht das alles ratzfatz vonstatten. Tatsächlich ist diese umsatzsteigernde Beschleunigungsmaßnahme aber tendenziell schädlich für Haar und Kopfhaut. Also, Wildschweinborsten und sonst nichts. Insbesondere nicht „MIT 100 % reinen NATURborsten“, denn das garantiert genau Folgendes: dass zumindest zwei der Borsten vom Schwein stammen. Und mit Sicherheit nicht alle.

Vor allem die langen, harten Borsten sind ein zunehmend rares Gut, teuer und schwierig zu bekommen; auch deshalb, weil für die Borsten (und Horn) keine Tiere eigens gezüchtet oder getötet werden, es ist ein Nebenprodukt einer gebührend respektvollen, sprich vollständigen Verwertung des Tierkörpers. Das und die aufwendige handwerkliche Verarbeitung bedingen, dass eine wirklich gute Haarbürste ihren Preis hat. Der in Wahrheit niedrig ist: Denn sie ist uns eine treue Begleiterin, solange man sie pfleglich behandelt. Viele Jahre lang.