Hast du dich schon einmal gefragt, warum wir „ein Haar in der Suppe finden“ oder jemandem „Haare auf den Zähnen“ attestieren? Die Ursprünge solcher Redewendungen, die sprachlich aus einem Friseursalon stammen könnten, stecken voller spannender Geschichten und spiegeln unsere Kultur und Eigenheiten wider.
Da wir uns mit Haut und Haar ebendiesen verschrieben haben, packen wir die Gelegenheit beim Schopf und gehen bekannten Redewendungen rund um Haut und Haar auf den Grund. Heute beginnen wir mit Teil 1 der zweiteiligen Blogserie.
alte Zöpfe abschneiden
Bedeutung: Jemand führt eine Veränderung (in der Gesellschaft) herbei und hält nicht an überholten Traditionen fest, da sie keine Zukunft haben.
Herkunft: Im 18. Jahrhundert trugen die Soldaten der preußischen Armee Zöpfe. Die Frisur wurde unter Friedrich Wilhelm I. eingeführt und von seinem Nachfolger, Friedrich Wilhelm II., wieder abgeschafft, weil sie unpraktisch war. Parallel dazu wird die Redewendung auch mit der Französischen Revolution in Verbindung gebracht: Nach dem gesellschaftlichen Umbruch symbolisierte das Abschneiden von Zöpfen, die damals vom Adel getragen wurden, die Abkehr vom alten System.
auf der faulen Haut liegen
Bedeutung: Jemand tut nichts, ist unproduktiv und übt – statt zu arbeiten – keine sinnvolle Beschäftigung aus.
Herkunft: Die Redewendung geht in ihren Ursprüngen auf den römischen Geschichtsschreiber Tacitus zurück. In seinem Werk „Germania“ befasste er sich mit den Lebensgewohnheiten der Germanen und schrieb darin etwa über Männer, die faulenzten, während die Frauen die Arbeiten erledigten. Im 16. Jahrhundert wurde die „Germania“ neu interpretiert und um die Wichtigkeit der Bärenhaut für das Volk ergänzt. Im Volkslied „Tacitus und die alten Deutschen“ wurden drei Jahrzehnte später die Deutschen, die „auf Bärenhäuten liegen“, besungen. Nach und nach wurde aus der Redewendung „auf der Bärenhaut liegen“ schrittweise „auf der faulen Haut liegen“.
aus der Haut fahren
Bedeutung: Jemand ist sehr wütend und verliert vor Zorn die Beherrschung.
Herkunft: Die Haut ist eine metaphorische Schutzhülle, die das Innerste des Menschen, wie seine Gefühle, vor der Außenwelt verbirgt. Wer starke Emotionen zeigt, verlässt diese Schutzhülle und damit seine Haut.
alles über einen Kamm scheren
Bedeutung: Jemand macht keinen Unterschied zwischen eindeutig verschiedenen Dingen.
Herkunft: Verbrechern, die nach altgermanischem Strafrecht für schuldig befunden wurden, wurde der Kopf geschoren, weshalb Menschen mit Glatze oder sehr kurzem Haar gemeinhin als Kriminelle galten. Das stimmte zwar nicht in jedem Fall, es wurde jedoch nicht danach gefragt, warum jemand einen kahlen Kopf hatte. Später trugen auch Barbiere zu dieser Redewendung bei: Sie verwendeten denselben Kamm für das Bart- und das Kopfhaar und unterschieden nicht, wie das Haar beschaffen war.
die Haare stehen zu Berge
Bedeutung: Jemand hat Angst, ist entsetzt oder empört.
Herkunft: Erleben Menschen einen großen Schrecken oder Schock, ziehen sich die winzigen Muskeln, die sich an jeder Haarwurzel befinden, zusammen und verhärten. Die Folge ist, dass sich die Haare aufstellen („Gänsehaut“).
ein Haar in der Suppe suchen/finden
Bedeutung: Jemand hat an allem etwas auszusetzen und sucht selbst in positiven Situationen gezielt nach kleinen Fehlern oder einem Mangel.
Herkunft: Wer ein Haar im Essen – etwa in der Suppe – findet, erachtet dies als unhygienisch und hat mitunter das Gefühl, dass die ganze Speise ungenießbar ist. Etwas grundsätzlich Gutes wird somit negativ gesehen.
eine Gelegenheit beim Schopf packen
Bedeutung: Jemand nutzt einen guten Umstand oder einen passenden Moment zu seinem Vorteil.
Herkunft: Kairos ist in der griechischen Mythologie der Gott der günstigen Gelegenheit. Er ist so schnell, dass er nur mit einem reflexartigen Griff nach seinem Haarschopf, der ihm in die Stirn fällt, festzuhalten ist. Entwischt der Gott, ist auch die günstige Gelegenheit weg.
Haare auf den Zähnen haben
Bedeutung: Jemand kann sich in einem Gespräch gut behaupten, wird allerdings als schroff und rechthaberisch wahrgenommen.
Herkunft: Früher war eine starke Körperbehaarung ein Zeichen für Männlichkeit, Stärke und Mut. Wer beim Sprechen viel Kraft ausstrahlt und eine bissige Wortwahl hat, hat demnach auch Haare auf den Zähnen. Gleichzeitig wird diese Redewendung überwiegend mit Frauen in Verbindung gebracht. Wenn ein weiblicher Körper vermehrt männliche Hormone produziert, folgen daraus oft verstärkter Haarwuchs und harscheres Verhalten.
Haarspalterei betreiben
Bedeutung: Jemand ist übertrieben genau und verliert sich in kleinsten, oft unwichtigen Details.
Herkunft: Ein Haar ist bereits so fein, dass der Versuch, es zu spalten, keinen Sinn macht und unnötig ist.
Quellen:
Bild: KI-generiert
https://www.redensarten-index.de
https://zwischenbetrachtung.de
https://dokumen.pub (S. 153)
Maximilian Ledochwoski: Redewendungen medizinisch erklärt. 2024. Springer. ISBN: 978-3-662-68355-2